Montafon Totale Trail 2024
Hart, herausfordernd und unglaublich schön!
Montafon Totale Trail 2024
Es ist 06:30 Uhr als wir in die kühle Morgenluft im Zentrum von Schruns treten. Eine gespannte, erwartungsvolle Stimmung liegt in der Luft. Überall wärmen sich Läufer für die beiden Läufe auf, die hier in Kürze beginnen werden. Es wird noch einmal die Topographie der Strecke mit Freunden durchgesprochen, der kleine Trailrunning-Rucksack neu gepackt, die GPS-Uhr eingestellt. Ein langer Tag liegt vor uns, eine große Herausforderung in den Bergen des Montafons erwartet jeden der hier an den Start geht auf einer der beiden Langstrecken, dem 33km Trail mit 3300hm (unsere Strecke) und dem 47km Ultra mit 4200hm. Um Punkt 07:00 Uhr fällt der Startschuss und der große Pulk an Läufern wird angetrieben durch „Highway to Hell“ auf die Straßen von Schruns losgelassen. Als ich durch den Starttor-Bogen und vorbei an der Dorfkirche laufe, auf deren Spitze gerade die ersten Sonnenstrahlen fallen, spüre ich diese besondere Aufregung in meinem Bauch, die immer aufkommt, wenn man weiß es liegt ein cooles Abenteuer vor einem bei dem man nicht genau einschätzen kann wie es verlaufen wird. Wie meistens geht es mit schnellem Tempo los, alle sind natürlich hochmotiviert und überpacen tendenziell am Anfang des Rennens, da ist es schwer sich nicht mitreißen zu lassen. Nach einem relativ flachen Stück am Rande des Tals geht es in den ersten der zwei großen Anstiege, wo wir gleich von Zuschauern angefeuert werden, die aus Boxen motivierende Hits abspielen, was immer nochmal einen extra Schub gibt. Jetzt gilt es auf den steilen Waldpfaden einen guten Rhythmus zu finden, nicht alle Energie zu verballern, aber trotzdem die kühlen Temperaturen noch zu nutzen um guten Fortschritt zu machen. Nach 6km hole ich meinen Freund Ueli ein und laufe eine Weile mit ihm mit bevor ich das Tempo ein bisschen anziehe. Inzwischen haben sich die Läufer gut verteilt und man kann hier und da auch die Ruhe des Waldes um einen herum genießen. Irgendwann ist die VP an der Bergstation der Hochjochbahn erreicht, von der aus ich am Vortag noch einen schönen kleinen Shake-Out Run zu Sauerbleis und Innerkapell-Alpe gemacht habe.
Auf dem Weg hinauf zum Sennigrat genieße ich die letzten Minuten im Schatten. An der Wormser Hütte ist es dann endgülitig vorbei und es geht für immer in die Sonne, dafür eröffnen sich aber auch gleichzeitig immer bessere Aussichten auf die Bergwelt des Montafons. Über die letzten Schneereste, die der Juli-Sonne noch trotzen, laufe ich hinauf zum Kreuzjoch, vorbei am Gipfelkreuz und schaue zurück auf die winzig gewordene Kirche von Schruns, die inzwischen über 1700m unter uns liegt - sagenhaft was man für Entfernungen in kürzester Zeit zurücklegen kann, wenn man bei so einem Rennen mal alles gibt. Der Sennigrat ist definitiv eines der Highlights des Montafon Totale Trails: Über einen grünen Grasrücken geht es auf optimal laufbaren Singletrails flowig dahin bis an der Zamangspitze vorbei.
Dahinter beginnt der große Downhill zurück ins tiefe Tal. Der Trail ist hier noch etwas technisch, sodass man mit hoher Konzentration präzise kleine Schritte setzen muss. Nach einer nassen Wiese, bei der man aufpassen muss nicht auszurutschen, kommt die nächste VP in Sicht. An so einem heißen Tag ist die richtige Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme entscheidend, daher nehme ich mir einen Moment Zeit um ordentlich Iso zu trinken und esse im langsamen Weitergehen ein Gel. Mit leichtem Wasserbauch geht es weiter bergab, nun auf Forststraßen, deren Kehren nur ab und an von Pfaden im Wald abgekürzt werden. Mit jedem Meter abwärts wird die Temperatur schweißtreibender, bis mein T-Shirt keinen trockenen Fleck mehr hat. Unten in St. Gallenkirch angekommen, brennt die Mittagssonne erbarmungslos vom Himmel sodass ich zuerst meinen Kopf in eine Trenke stecke und dann am Dorfbrunnen mein Gesicht und meine Arme kühle. An der VP im Tal kann ich mich nicht mit der Idee anfreunden einen Riegel zu essen, aber es gibt saftige Wassermelone - die schmeckt jetzt richtig gut!
Nach kurzem Verschnaufen, raffe ich mich für den letzten Anstieg auf. Zum Glück bietet der Wald schon bald etwas Schutz vor der Sonne, aber immer wenn es über eine offene Wiese geht, wird es besonders anstrengend. Jetzt heißt es beißen, die Anstrengung beginnt an die Substanz zu gehen, aber es macht auch Spaß auszuloten wie lang man das noch so durchhalten kann. Im Wald sitzt ein Läufer erschöpft am Boden und ich bleibe kurz stehen um zu fragen ob er etwas braucht. „Nein, alles in Ordnung, ich bin nur richtig durch und brauch eine Pause“, sagt er. Kann ich nachvollziehen, drücke mich aber trotzdem weiter mit viel Stockeinsatz den Berg hinauf. Die verbleibenden Höhenmeter auf meiner Uhr ticken nach und nach herunter. Nach der letzten VP überholen uns die ersten Läufer des 10km Berglaufs in rasantem Tempo. Auch mein Kumpel Freddy springt kurze Zeit später wie ein junges Reh an mir vorbei - natürlich nur mäßig motivierend wenn man sieht wie viel Kraft sie noch in den Beinen haben. Als ich über eine Kuppe komme, ist endlich die Nova Stoba in Sicht. Man darf sich aber nicht zu früh freuen, denn noch steht ein Auf und Ab über einige Hügel zwischen mir und dem Ziel. Doch schon bald dringt die Stimme des Moderators an mein Ohr und es geht auf den letzten Kilometer.
Meine Lunge brennt inzwischen, ich bin salzverkrustet und total am Ende, aber es kommen bereits die ersten Glücksgefühle auf, denn jetzt kann nichts mehr schief gehen. Ich blicke mich um und sehe das niemand vor oder hinter mir ist, also kann ich die Zielgeraden entspannt angehen und genießen. Durch Torbögen geht es eine Wiese hinab, wo ich mit Schwung und nach oben gestreckter Faust nach 5h 33min das Ziel erreiche - was für ein geniales Gefühl es nach solchen Anstrengungen geschafft zu haben. Während ich eine Medaille umgehängt bekomme und von Freddy beglückwünscht werde, muss ich erstmal wieder meinen Atem in den Griff bekommen. An der Verpflegungsstation im Zeilbereich gibt es kaltes, alkoholfreies Bier - das schmeckt jetzt besser als je zuvor. Gleich danach tauche ich in einer Eiswassertonne unter und lasse mir von einer professionellen Physiotherapeutin auf den bereitgestellten Massageliegen die Beinmuskulatur auflockern - ein Service den ich sonst noch bei keinem Trailrun erlebt habe. Kurze Zeit später kommt auch Ueli ins Ziel. Er hat es trotz eines Sturzes, bei dem er sich ein paar Schürfwunden geholt hat, durchgezogen - starke Leistung!
Zusammen genießen wir den Nachmittag auf der Nova Stoba, reden über die Erlebnisse und Gefühle während des Laufes und füllen die Speicher wieder auf. Mit der Versettla Bahn und Bussen geht es dann bequem zurück zu unserem Ausgangspunkt in Schruns. Der Montafon Totale Trail war ein richtig cooles Event, das ich nur jedem empfehlen kann! Die Strecke ist landschaftlich sehr lohnend und bietet traumhafte Trails mit super Aussicht auf die Montafoner Berge und eine tolle Herausforderung für alle die Höhenmeter lieben.